Elterninformation Armplexuslähmung

Wie können Kinder mit Verletzungen des Plexus brachialis behandelt werden?

Im ersten Jahr nach der Verletzung wird sich die Funktion schrittweise verbessern. Zunächst werden die Muskeln im Schulterbereich später im Ellbogenbereich und zuletzt an der Hand wieder eine Funktion bekommen. Die meisten geburtstraumatischen Verletzungen erholen sich innerhalb der ersten sechs Monate.

Für alle Verletzungen des Plexus brachialis ist eine intensive krankengymnastische Beübung erforderlich. Diese kann zwar nicht die Heilung der Nerven beschleunigen, aber spätere Schäden wie Gelenkversteifungen, insbesondere im Schulterbereich und ein verzögertes Wachstum des Armes können gelindert werden.

Die behandelnden Physiotherapeuten leiten die Eltern an, selbst Übungen mit ihrem Kind durchzuführen und so die passive Gelenksbeweglichkeit zu erhalten. Die sich erholenden Muskeln sollen so gestärkt werden.

Ergotherapeuten schätzen die Armfunktion ein und behandeln betroffene Kinder, um alltägliche Tätigkeiten wie Essen, Anziehen später auch Sport und Freizeitaktivitäten zu erleichtern. Auch eine Schienenbehandlung kann oft die Funktion insbesondere der Hand verbessern.

Bei einigen Kindern ist die Verletzung so schwer, dass innerhalb eines angemessenen Zeitraums keine ausreichende Muskelfunktion erreicht wird. Alle betroffenen Kinder werden in den ersten neun Monaten regelmäßig untersucht. Erreicht das Kind keine ausreichende Muskelfunktion, so kann eine operative Behandlung nötig sein. Diese bietet die Möglichkeit, den Schaden durch direkte Untersuchung des Nervengeflechtes festzustellen. Bei schweren Fällen mit Abriß- oder Ausrißverletzungen kann durch Entfernung der Nervennarbe und Wiederherstellung der Nervenbahnen unter dem Mikroskop die Prognose für die Armfunktion verbessert werden. In diesen Fällen ist meist nötig, einen oder mehrere Hautnerven vom Fuß (N. suralis) zu entnehmen, um sie als „Überbrückungskabel“ im Armnervengeflecht einzusetzen. Am Fuß entsteht dabei kaum ein Entnahmeschaden. Die schwerste Form der Verletzung, die Ausrißverletzung, kann durch Überbrückung und Naht der Nerven nicht wiederhergestellt werden. In diesen Fällen können Teile anderer, unverletzter Nerven wie z.B. der Schultermuskulatur (N. accesorius) oder Atemhilfsmuskulatur (Nn. intercostales) benutzt werden, um zumindest eine gewisse Funktion für den Arm zu erreichen.

Sollte eine Operation am Plexus brachialis nötig sein, müssen sie Eltern wissen, dass das Kind nach der Operation zunächst die bisher erreichte Muskelfunktion wieder verlieren wird. Dies ist Folge der Entfernung der Nervennarbe und der chirurgischen Wiederherstellung. Natürlich müssen die Nervenfasern nach einer Operation wieder einsprossen und brauchen dafür die entsprechende Zeit.

Bei älteren Kindern oder auch bei Kindern, die eine Operation am Plexus brachialis hatten, sollte in regelmäßigen Abständen geprüft werden, ob durch zusätzliche Maßnahmen an Muskeln und Gelenke die Beweglichkeit des Armes weiter verbessert werden kann. Zu diesen Behandlungsmaßnahmen zählen Sehnenverlagerungen, Korrekturoperationen am Knochen aber auch Muskeltransplantationen.

Wann sollte die Entscheidung zur Operation getroffen werden?

In jedem Fall sollte bis zum 6. Lebensmonat spätestens aber zum 9. Lebensmonat geprüft werden, ob eine Operation sinnvoll ist oder nicht. Bei allen Schädigungen des Armplexus kommt es durch die Lähmung zu einem Abbau der Muskelmasse. Erreichen die Nervenfasern die Muskeln nicht rechtzeitig, so tritt eine Schädigung mit Vernarbung der Muskeln ein. Auch eine spätere Operation am Nerven kann diesen Vorgang nicht rückgängig machen. Der Muskel ist dauerhaft geschädigt. Daher besteht nur innerhalb der ersten Monate nach der Verletzung die Aussicht auf Erfolg einer Operation am Nerven.

Die meisten späteren (sekundären) Operationen an Muskeln und Knochen sollten erst nach Abschluß der Nervenheilung aber noch vor der Einschulung durchgeführt werden. In der Regel werden die Maßnahmen im Alter zwischen 2 und 6 Jahren durchgeführt. Später sollte in jährlichen Abständen geprüft werden, ob mit dem Wachstum noch Veränderungen eintreten, die sich durch eine weitere Operation verbessern lassen.

Welchen Nutzen wird Ihr Kind von dem betroffenen Arm haben?

Innerhalb der ersten Wochen nach der Verletzung des Armplexus ist es schwierig, die mögliche Erholung der Armfunktion vorherzusagen. Eine schnelle Erholung ist generell ein günstiges Zeichen. Die größten Fortschritte werden im ersten Jahr nach der Verletzung erzielt. Bis zum 3. Jahr sind noch kleinere Verbesserungen möglich. Die meisten Kinder erreichen eine gute Armfunktion und können den Arm für nahezu alle Aufgaben des täglichen Lebens nutzen. Dennoch bleibt meist eine gewisse Muskelschwäche insbesondere im Schulterbereich, so wie ein verlangsamtes Wachstum des betroffenen Arms.

Wie soll eine sinnvolle Behandlung aussehen?

Geburtstraumatische Armplexusverletzungen verlangen die Zusammenarbeit verschiedener medizinischer Disziplinen. Nur so kann das Ausmaß der Verletzung richtig eingeschätzt und die individuell beste Behandlung für Ihr Kind eingeleitet werden. Zum Behandlungsteam gehören Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Neurologen, Radiologen und Plastische Chirurgen. Das Kind sollte bis zum Ende des ersten Lebensjahres in dreimonatigen Intervallen untersucht werden, im zweiten Lebensjahr alle sechs Monate. Der Fortschritt Ihres Kindes wird exakt festgestellt und dokumentiert, um die individuell beste Behandlung zu finden. Chirurgische Behandlungsmaßnahmen werden empfohlen, wenn sie sinnvoll und nötig sind. Während der Kindheit sollte in jährlichen Abständen das Wachstum und die Entwicklung des betroffenen Armes eingeschätzt werden. Dabei sollte auch die Funktion im Alltag beurteilt werden. Eine regelmäßige begleitende krankengymnastische und ergotherapeutische Behandlung ist in fast allen Fällen sinnvoll.